Toleranz à dieu – Gelungener Aprilscherz von Christoph Schönborn

Folgender Kommentar ist am 2. April 2012 auf derStandard.at als Gastkommentar erschienen.

Großes Aufatmen im christlich-fundamentalistischen Lager: Christoph Schönborns Toleranzgeste einen schwulen Gemeinderat als kostenlose Arbeitskraft in der Pfarre zu dulden, ist eben nicht als Geste des Respekts zu verstehen, sondern als Ausdruck der moralischen Überlegenheit. Dass der junge Mann diese Duldung nicht als die Demütigung, die sie ist, erkennt, bleibt zu hoffen. Durch dieses oberflächlich protestantische Verhalten des „Kardinals“ (Anm. katholische Bezeichnung) ändert sich die Position der römisch-katholischen Kirche versus Homosexualität jedenfalls um keine Hostienbreite.
Wie der Vatikan zum Schwulsein steht, kann leicht online im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (u. a. auf der Website des Vatikans) nachgelesen werden. Homosexuelle Handlungen „entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“ Eine Handlungsanweisung, wie sich gegenüber solchen Menschen zu verhalten ist, wird auch mitgeliefert: „Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen.“ Nicht selten schleicht sich aber ein kleiner Umlautfehler ein, sodass aus Achtung „Ächtung“ wird, vorzugsweise bei jenen Menschen, die auch ein Naheverhältnis zu anderen althergebrachten Schreibweisen haben und sich an „daß“ (vs. dass) klammern wie an einen Rosenkranz.
Das alles könnte uns Nicht-Katholiken herzlich egal sein, wenn es eine vereinsinterne Angelegenheit der Kirche wäre. Solange der säkulare Staat dieses Wertesystem aber jedes Jahr mit mindestens 2 Mrd. Euro unterstützt, haben wir ein berechtigtes Interesse daran, uns genau anzusehen, was mit diesem Geld passiert. Es ist beispielsweise nicht einzusehen, warum schwulen- und frauenfeindliche Moral als ein verpflichtend (bis zur aktiven Abmeldung) zu konsumierender Teil unseres Bildungssystems überhaupt toleriert und finanziell unterstützt werden muss. Die Rede ist natürlich vom Religionsunterricht – von der universitären Theologie, die sich Grundprinzipien der Wissenschaftlichkeit überhaupt entzieht, ganz zu schweigen.
Um den katholischen Fundamentalismus in die Schranken zu weisen, reicht ein Kirchenaustritt leider längst nicht aus. Eine Möglichkeit neben eigenem politischem Engagement ist die Unterstützung des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien.

Falls es jemand interessiert. Ein Auszug aus dem Katechismus der katholischen Kirche im Volltext:
2357 Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19, 1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10.], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind” (CDF, Erkl. „Persona humana” 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.
2358 Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.
2359 Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft -‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.

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