Newsletter Nr. 24 – Neulich im Kaizid

Das König Abdullah Bin Abdulaziz internationales Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog) (kurz: Kaizid) veranstaltete vor knapp zwei Wochen eine Konferenz zu „Hate Speech“ im Wiener Grand Hotel.
Die internationale Organisation, die von Saudi-Arabien, dem Vatikan (als Beobachter), Österreich und Spanien gegründet wurde steht schon lange in der Kritik, ausschließlich als PR-Vehikel für saudische Interessen zu dienen. In meinem Buch “Ohne Bekenntnis” widme ich dem Potemkin’schen Ringstraßengebäude auch eine Seite (ohne auf Details einzugehen).
Der Nationalrat hat jedenfalls kurz vor dem Sommer beschlossen, die österreichische Beteiligung an diesem Dialogzentrum zurückzuziehen. Wie zum Trotz hat sich Altbundespräsident Heinz Fischer aber entschlossen, den Eröffnungsvortrag der eingangs erwähnten Konferenz zu halten. Dass er die Gelegenheit genützt hat, um sich im Umfeld gegen die Schließung auszusprechen, versteht sich von selbst. Auch wies er auf die Notwendigkeit eines Dialoges hin. Doch wie ist dieser Dialog beschaffen und welche Taten folgen dem Dialog?
Eher wenig bis keine, wie dem Annual Report 2018 des Kaizid zu entnehmen ist. Und auch die Teilnahme an der Konferenz bietet wenig Fleisch. Davon konnte ich mich vor Ort überzeugen. Nach dem Zutritt durch eine Sicherheitskontrolle analog jener auf den Flughäfen, kam ich gerade zur Eröffnung des zweiten Tages durch Chief Rabbi David Rosen, der mit vehementen Worten, geradezu aggressiv zum friedlichen Dialog aufrief. Danach folgte ein Panel zum Haupthema „Welche Verantwortung tragen die Medien bei der Prävention von Hassrede?”
Die Kleriker am Podium zerstreuten jeglichen Zweifel, wo sie Hass im Netz verorten: Religion ist ein doppeltes Opfer. Einerseits sind Religiöse und Religionen direkt von Hassrede im Internet betroffen, andererseits wird Religion dazu „missbraucht“, Gewalt zu legitimieren.
Es gelte vor allem, die an sich friedfertige Religion, zu schützen. Die Vorschläge, dem zu begegnen, erschöpfen sich dann zumeist in Ansätzen, wie man sie von jenen kennt, die sich oberflächlich mit der Materie beschäftigt haben und auf Podien ihre Konzepte verstrahlen: Entanonymisierung der User, Verschärfung der Gesetze, Umwandlung von Plattformen in Medien, weitere Einschränkungen der Redefreiheit usw.
Über dieses Diskursniveau sind wir schon ein paar Jahre hinaus. Fazit: aus Richtung Kaizid ist weiterhin weder theoretischer noch praktischer Output zu erwarten, der einen Beitrag zu einer besseren Gesellschaft leisten kann.

Dem selbstgesetzten Auftrag, Hassrede eindämmen zu wollen, wird mit dem Hashtag #StopH8speechentsprochen, der vermutlich Anschlussfähigkeit an eine Kommunikation in sozialen Netzwerken reflektieren soll.

 

Twitter ohne politische Werbung – ein Fehler

Twitter-CEO Jack Dorsey verlautbarte am 30. Oktober, dass Twitter jegliche, bezahlte politische Werbung einstellen will. Warum ich das für einen vielleicht wirklich gut gemeinte, aber in in der Substanz eher für eine Selbstbeschränkung halte, die Twitter ökonomisch nicht weh tun dürfte und eher der moralischen Selbsterhöhung dient, habe ich in dem Artikel ausgeführt: Twitter ohne bezahlte Politik

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