Mein Ausschussvorsitz ohne Leihkunst
Als Ausschussvorsitzender bestand meine Aufgabe im Wesentlichen darin, die Wortmeldungen der Abgeordneten zu registrieren und ihnen das Wort im Ablauf der Tagesordnung zu erteilen.
Die Fragen und Stellungnahmen der Regierungsparteien – speziell der Fraktion des Ministers – sind dabei in aller Regel Vorlagen für den Minister, der bei seinen Ausführungen dann leicht glänzen kann. Wie detailliert diese Vorbereitungen waren, überraschte mich bei Drozdas erstem Auftritt als Minister im Ausschuss dann doch sehr. Die SPÖ hat ihm de facto ein Drehbuch geschrieben, das sich aus den wechselnden Wortmeldungen der SPÖ-Abgeordneten zusammensetzte. Diese waren besonders darauf bedacht, sich bei den einzelnen Tagesordnungspunkte an scheinbar zufälliger Stelle mit ihrer Frage einzureihen. Was sich dann bei jeder SPÖ-Wortmeldung wiederholte, blieb mir besonders bei einer Frage der SP-Abgeordneten Ruth Becher in Erinnerung. Sie las ihre vorbereitete Frage vom Blatt ab. Thomas Drozda las die Frage in rot, fett, 18 Punkt Schriftgröße auf seiner Tischvorlage mit. Seine Antwort stand vorformuliert darunter.
Nicht dass er diese Hilfestellung gebraucht hätte. Thomas Drozda ist wie sein Vorgänger Josef Ostermayer ein intelligenter, eloquenter und schlagfertiger Mensch, der auch ohne Spickzettel antworten konnte. So ganz sicher war sich seine Partei allem Anschein nach nicht.
Neulich konnte er seine Schlagfertigkeit wieder unter Beweis stellen. Als er damit konfrontiert wurde, dass er ein geliehenes Bild, das er aus seiner Zeit als Minister in sein Abgeordneten-Büro mitgehen ließ, meinte er keck, dass er es als Vorsitzender des Kulturausschusses behalten habe dürfen. Beneidenswert!
Ich habe als Vorsitzender des Kulturausschusses freilich nie ein Bild geliehen bekommen. Meine Vorgängerin Beate Meinl-Reisinger auch nicht. Dto. mein Nachfolger Sepp Schellhorn.
Fall Thomas Drozda das Bild zurückgeben muss, hab ich ihm schon eine Replica zur weiteren Verwendung vorbereitet.