An den ORF Stiftungsrat

Am 7. Mai konstituiert sich der ORF Stiftungsrat. In der Vergangenheit konnte man manchmal den Eindruck gewinnen, die Stiftungsräte wären politisch gesteuert. Um sie an ihre Unabhängigkeit zu erinnern, habe wir ihnen einen Brief geschrieben.
Stiftungsrat OffenerBrief
An den ORF Stiftungsrat
Betreff: Politische Freiheit für den ORF
Sehr geehrte Mitglieder des ORF Stiftungsrates,
ab morgen werden Sie sich vier Jahre lang für den ORF mit der “Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft” einsetzen. So steht es im ORF-Gesetz. Durch den Stiftungsrat soll der ORF, im Gegensatz zu einem Staatsrundfunk, vor politischem Einfluss geschützt werden. Generationen von Stiftungsräten vor Ihnen verstanden sich leider vor allem als Vertreter der SPÖ- und ÖVP-Freundeskreise. Sie verteidigten nicht den ORF vor politischer Einflussnahme, sondern die Regierung im ORF. Versuche, das Programm zu beeinflussen, finden laufend statt – heute wie vor 50 Jahren. Wir sind überzeugt, 2014 wäre der ORF bereit für den Schritt in die Freiheit von parteipolitischem Einfluss. Dafür müssten jedoch Sie, als als Mitglieder des Stiftungsrates, die Seiten wechseln – von den Parteien zur Zivilgesellschaft.
Denn die Zeiten ändern sich: Mittlerweile können Mitarbeiter_innen und Redakteur_innen des ORF inhaltlich so frei arbeiten wie nie zuvor. Seit dem Rundfunkvolksbegehren 1964 wurde die Qualität des ORF immer durch Zivilgesellschaft und Mitarbeiter_innen des ORF gegen die Regierung durchgesetzt. Die zuletzt selbst von Faymann und Spindelegger versprochene Reform des ORF-Stiftungsrates wurde auf Eis gelegt. Die Regierungsparteien werden in dieser Legislaturperiode ebenso wenig ändern wie in der vergangenen, daher müssen wir an Sie als Stiftungsrat appellieren:
Nehmen Sie Ihre Rolle mit der “Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder“ eines Unternehmens wahr, das vor allem öffentlich-rechtliche, demokratische und kulturelle Werte in Österreich schaffen soll.
Geben Sie dem ORF die Freiheit von der Politik.
Die Regierung setzt den Rahmen, der es dem ORF ermöglicht, Verantwortung als Unternehmen zu übernehmen; sie soll ihn nicht selbst nach ihren Vorstellungen „entwickeln“. Öffentlich-rechtlich, das beschreibt heute nicht mehr die gleichen Werte und Inhalte wie 1924, 1955 oder 1964. Anspruchsvolle Information und Unterhaltung, Kultur und Vielfalt bleiben die Grundpfeiler des ORF-Programmauftrags. Starre Quotenregelungen und Online-Verbote bedrohen die Zukunft des ORF. Ein modernes öffentlich- rechtliches Programm in einem modernen Medienhaus braucht eine direkte Einbindung der Zuseher in die Entwicklung. Die privilegierte Form der öffentlichen Finanzierung des ORF braucht den Rückhalt der Gesellschaft.
Setzen Sie dem ORF Stiftungsrat ein Denkmal. Entlassen Sie das Medienhaus in die Zukunft.
Niko Alm (Mediensprecher NEOS) und die NEOS-Abgeordneten zum Nationalrat
Wien, 6. Mai 2014
 

1 Comment

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Matthias Hofer
May 6, 2014 at 19:13

Was kostet so ein Inserat im Standard?

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