Wir backen Ai Weiwei aus Lego

Der Text ist in leicht geänderter Form auch bei VICE erschienen.
Ai Weiwei aus Lego gebacken

Ich kaufe ein N!
Für die Literatur. Das ist prinzipiell in den Nutzungsbedingungen für Buchstaben gedeckt, mit der Einschränkung, dass das N keinesfalls politisch verwendet werden soll. Die Bildung von politischen N-Wörtern ist unerwünscht. Natürlich ist es nicht verboten, aber es gibt es ein paar Don’ts, die unbedingt beachtet werden müssen. Das gleiche gilt für das F-Wort.
Ai Weiwei will Lego kaufen.
Und das in einer Quantität, die das übliche Ausmaß in den Puppenküchen der Welt übersteigt. Das Unternehmen bekommt es mit der Angst zu tun, weil der chinesische Künstler vermutlich irgendetwas Politisches aus den ideologisch unbelasteten Plastikziegeln bauen wird. Lego will den Künstler nicht mit dem Verkauf einer Großmenge unterstützen.
Die Geschichte ist breit nachzulesen. Hier ist ein Auszug aus einem Bericht auf CNN:

 As reported by CNN Money, LEGO spokesperson Roar Rude Trangbaek declined to comment on Ai’s case, but said “we refrain — on a global level — from actively engaging in or endorsing the use of LEGO bricks in projects or contexts of a political agenda.”
Trangbaek added that the company denies “donations or support for projects — such as the possibility of purchasing Lego bricks in very large quantities, which is not possible through normal sales channels — where we are made aware that there is a political context.”

Natürlich kann niemand ein privates Unternehmen daran hindern, die Auslieferung von großen Mengen seines Produkts an einen Künstler zu verweigern – auch ohne Angabe von Gründen. Aber ist das schlau?
Das ist auf den ersten Blick einmal kurzsichtig, weil Lego damit schon mehr Aufmerksamkeit auf die Sache gezogen hat, als das Unternehmen eigentlich vermeiden wollte. Für Ai Weiwei wird jetzt Lego gesammelt und den Rest wird er sich einfach zusammenkaufen.
Dass Ai Weiwei bekommt, was er will, musste Lego klar gewesen sein. Und dass sich das Unternehmen freilich eh brausen gehen kann mit irgendwelchen Vorgaben, wie das Zeug verwendet werden soll und wie nicht, versteht sich von selbst.

Trangbaek went on to reiterate today that they do not censor, prohibit or ban creative use of LEGO bricks, saying, “We acknowledge, that LEGO bricks today are used globally by millions of fans, adults, children and artists as a creative medium to express their imagination and creativity in many different ways. Projects that are not endorsed or supported by the LEGO Group.”

Lego erkennt – und das ist keine Leistung  – dass die kleinen Plastikziegel ein Kreativwerkstoff sind mit dem jede und jeder machen kann, was er oder sie will. Der Zusatz, dass es sich dabei um keine Unterstützung oder Endorsement handelt ist so überflüssig, wie arrogant. Lego nimmt sich wichtig, gaukelt entzugsfähige Toleranz vor und macht sich damit selbst unnötig klein. Die Marke hat doch längst den Übergang in den Alltag in einem Ausmaß gefunden, das größer ist als sie selbst. Gäbe es Konkurrenz wäre Lego ein Gattungsname.
Schlimmer noch. Diese öffentliche Zurechtrückung der Meinungsfreiheit darf als Positionierung von Lego zur Meinungsfreiheit und zur Freiheit der Kunst ausgelegt werden, die bei dem Unternehmen offensichtlich schnell an eine Grenze stößt.
Wenn man nach Kunst und Lego googlet (noch so ein Gattungsname, d. h. wenn man nach Lego suchmaschiniert), dann kommt nicht viel mehr als Langeweile heraus. Lego-Kunst, das sind naturgetreue Nachbildungen von Gegenständen, Gebäuden, Personen und Simulationen anderer künstlerischen Leistungen.
Lego + Art
Eh, es ist schon toll, die Lobby von Fawlty Towers detailgetreu nachzubauen und wahrscheinlich noch viel superer Star Wars mit Lego 1:1 nachzuspielen. Aber Miniaturen oder Mosaike zu bauen ist keine Kunst. Das ist Malen nach Zahlen. Das ist kreativistischer Butterkäse, der bestenfalls den ästhetischen Hunger befriedigt, aber frei von jedem Charakter ist. Lego ist nicht charakterlos, d. h. mit einem unerwünschten Charakter ausgestattet (jaja, contradiction in terms), sondern charakterfrei oder geradezu dogmatisch charaktersauber, denn es reicht dem Unternehmen nicht einfach Ai Weiwei zu antworten, dass keine Großmengen geliefert werden. Der Hinweis auf die mögliche unerwünschte, wenn gleich tolerierte Verwendung ist es, der uns fortan Lego ein wenig miefig oder wie man in Wien sagen würde “gebacken” erscheinen lässt.

 
Apropos backen: So bäckt man Ai Weiwei aus Lego…

 
Der @fatmike182 und ich haben gebaut und dann den Rohling gebrannt.

 
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Aus der Backstube:

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