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c) Laizität
In einem laizistischen Modell sind Staat und Religion klar voneinander getrennt. Diese Trennung geht weit über die institutionelle Ebene hinaus und verunmöglicht jede Form der Ungleichbehandlung qua Religion und Weltanschauung.
Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit werden durch Laizität gewährleistet, weil der demokratische Staat gegenüber Glaube und Weltanschauung genauso indifferent sein muss, wie gegenüber Augenfarbe, Alter, sexueller Orientierung und anderen unveränderbaren, persönlichen Merkmalen. Der persönliche Glaube oder Nicht-Glaube ist Privatsache; Religion und Weltanschauung sind Privatsache und können als Unterscheidungskriterium gar nicht mehr herangezogen werden. Damit ist jede Form der Religionsgesetzgebung obsolet.
Das Laizitätsprinzip wird in einigen wenigen Staaten in verschiedenen Ausprägungen angewendet. Es gibt allerdings große Unterschiede in der Ausformung, vor allem auch deswegen, weil es wie zum Beispiel in der Türkei oder auch in Frankreich punktuell überschießend ausgelegt wird. Ich schlage vor hier sogar eine begriffliche Differenzierung zwischen Laizität und Laizismus anzuwenden. Laizität ist keine aktive Abwehr gegen Religion, sondern Indifferenz. Eine Diskriminierung auf Grund von Religion und Weltanschauung liefe dem Prinzip ebenso zuwider wie eine Privilegierung aus denselben Gründen.
Laizität schreibt einem Staat auch nicht vor, Kommunikation oder Vereinbarungen mit Religionsgemeinschaften zu unterlassen. Immerhin handelt es sich hier um Gruppierungen, die große Teile der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern zählen. Es sind aber keine privilegierten Partnerschaften, wie es der ehemalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy indirekt mit seinem Konzept der „positiven Laizität“[1] vor einigen Jahren forderte. Das wäre der Übergang zu einer Scheinlaizität, die auch überall dort anzutreffen ist, wo nicht-religiöse Politiker schwer anzutreffen sind, wie beispielsweise in den USA.
Die Gretchenfrage löst der Staat im agnostischen Sinn: Eine Antwort ist Logik und Empirie nicht zugänglich und für den Staat auch nicht von Interesse.
Doch reicht das klare Prinzip der Laizität aus, um unsere Gesetzgebung danach auszurichten?
 


[1] http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/kontroverse-um-praesident-sarkozys-positive-laizitaet-1.654002
 


weiter: Teil 5 – Sonderrechte für Religion


 
Inhalt
Teil 1 – Laizität – Der agnostische Staat
Abschnitt I: Religion im Staat

Teil 2 – Religion im Staat – Staatsreligion

Teil 3 – Religion im Staat – Synkretistisches Staatsreligionenmodell

Teil 4 – Religion im Staat – Laizität

Abschnitt II: Lassen sich Sonderrechte für Religion auch im sonst laizistischen Staat begründen?

Teil 5 – Sonderrechte für Religion

Teil 6 – Was unterscheidet Religion von anderen kulturellen Ausprägungen?

Teil 7 – Gesellschaftliche Wirkung von Religion

Teil 8 – Wie soll eine moderne Demokratie das Verhältnis zu Religion und Weltanschauung ausgestalten?