Heiliger Führerschein (Episode #7 – Polizeischwindelei)

Die Wiener Polizei gab heute auch eine Stellungnahme zu meinem Führerschein ab und versuchte sich natürlich ein wenig herauszuwinden und meinem Nudelsieb den Status einer religiösen Kopfbedeckung zu nehmen. Die Definitionsmacht darüber liegt dafür prinzipiell bei mir und ich bestimme, was ich aus religiösen Gründen am Kopf trage. Auch derStandard.at hat hier nicht richtig wiedergegeben, was ich in meinem Blog geschrieben habe. Faktum ist ja außerdem, dass ich dem Beamten am Tag des Antrags mitgeteilt habe, dass es sich um eine Kopfbedeckung aus religiösen Gründen handelt. Von einer Ausnahmegenehmigung war niemals die Rede. Dass ich laut Polizei, “darauf bestanden habe meinen Führerschein selbst abzuholen” ist in der Formulierung mehr als tendenziös, da es sich bestenfalls um eine Zustell/Abholoption handelt.
Im folgenden eine kleine Analyse eines Freundes, die ich heute per E-Mail bekommen habe:
Die Ausrede der Bundespolizei ist ja leicht zu durchschauen und nachweisbar aus mehreren Gründen eine Lüge.
– Erstens ist auf dem Folder des BMI, der ja auch auf deiner Seite abgebildet ist, explizit das Verbot von Kopfbedeckung aufgeführt. Es ist ja sogar ein Foto von einer Frau mit Hut, welches durchgestrichen ist.
Wenn nun ein Ministerium einen Informationsfolder ausgibt, noch dazu, wenn der Folder auch die Unterschrift und das Foto des Ministers enthält, ist es ja nicht Aufgabe des einzelnen Bürgers, den Inhalt auf seine Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. Sondern man darf davon ausgehen, dass die Inhalte korrekt sind.
– Der Hinweis der Bundespolizei von heute, dass alles erlaubt sei, sofern das Gesicht sichtbar ist, bezieht sich ja explizit nur auf diejenigen Kopfbedeckungen, die aus religiösen Gründen getragen werden. Ausdrücklich ist ja jede andere Art der Kopfbedeckung nicht zugelassen.
– “Manfred Reinthaler, Pressesprecher der Bundespolizeidirektion Wien, im Interview mit religion.ORF.at. „Bei Lichtbildern für den Führerschein ist das einzige Kriterium, dass das ganze Gesicht erkennbar sein muss.“ Tatsächlich ist in der Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung keine Rede von jenen Kriterien, die etwa für den europäischen Reisepass gelten.”
Wenn nun die Polizeibehörde sagt, der Infofolder sei inhaltlich falsch, so ist das ja nochmal ein Skandal. Weil damit würden sie zugeben, dass religiösen Menschen Privilegien eingeräumt werden, die nicht einmal gesetzlich gedeckt sind. D.h. wir hätten hier ein konkretes Beispiel dafür, dass religiösen Menschen Privilegien eingeräumt werden, die noch über die gesetzlich definierten Privilegien hinausgehen.
– Allerdings ist der Pressesprecher der Bundespolizei nicht über die offiziellen Informationen des Verkehrsministeriums informiert, bzw. steht seine Aussage in diametralem Widerspruch zu dem, was das Verkehrsministerium sagt. Es gibt eine offizielle Homepage des Verkehrsministeriums zum neuen Führerschein: www.scheckkartenführerschein.at
Dort steht u.a.: “Folgende Unterlagen müssen Sie mitbringen, damit Sie bei der Führerscheinbehörde die Ausstellung eines Scheckartenführerscheins beantragen können: …
5. ein den Passbildkriterien entsprechendes Passfoto www.passbildkriterien.at
siehe www.scheckkartenführerschein.at/shop/shop.php?detail=1251122249
Wenn man diese offizielle Homepage des Innenministeriums anklickt, finden sich folgende Informationen, die nach Auskunft des Verkehrsministeriums auch für den Führerschein gelten:
“Kopfbedeckungen sind nicht erlaubt, Ausnahmen sind aus religiösen Gründen zulässig. In diesem Fall gilt: das Gesicht muss von der unteren Kinnkante bis zur Stirn erkennbar sein. Es dürfen keine Schatten auf dem Gesicht entstehen.” (www.passbildkriterien.at/oesterreich_neu.html)
Diese Informationen widersprechen allerdings dem entsprechenden Gesetz: dort steht in §2 (1), 1. Absatz, Ziffer h) nur drin:
“ein Lichtbild, mit einer Höhe zwischen 36 und 45 mm und einer Breite zwischen 28 und 35 mm, wobei der Kopf erkennbar und vollständig abgebildet sein muss”
Vielleicht möchte der Pressesprecher der Bundespolizei, bzw. des Verkehrsministerium erklären, warum in der Vergangenheit, als auch heute noch widersprüchliche Informationen bezüglich der Kopfbedeckung für den Führerschein veröffentlicht werden, bzw. warum das Verkehrsministerium Bedingungen vorschreibt, die offenbar nicht gesetzlich begründet sind und damit nichtreligiöse Menschen benachteiligt.
– Ferner ist die Erklärung der Polizei von heute auch deshalb als Ausrede erkennbar, weil sie dich ja zum Amtsarzt geschickt haben. Auslöser für die Vorstellung beim Amtsarzt war natürlich nur die Kopfbedeckung. Es gab keinen anderen Grund.
Wenn jede Kopfbedeckung erlaubt wäre, dann würden sie ja nicht jeden, der eine Kopfbedeckung trägt, zum Amtsarzt schicken.
 

36 Comments

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July 13, 2011 at 23:22

Wenns im Passgesetz drinsteht, aber beim Führerscheingesetz nicht, heisst das eigentlich zwingend, dass man das Nudelsieb auf einem Reisepass durchsetzen muß um ein für alle Mal Klarheit zu bekomen, oder?

July 13, 2011 at 23:36

Haha fucking nazi IDIOT

July 13, 2011 at 23:44

Wenn dus brauchst, ich hab die szene mit dem Zustell/Abholoption noch auf Video.

Paul Harmon
July 13, 2011 at 23:51

I just read about what you did. Way to go!

July 14, 2011 at 02:48

I dont read German. I dont know what the article above is about. I know nothing of this spaghetti monster, nor do i care. Im writting here about the author wasting court time for the right to wear a colander on his head for his licence photo. I believe people like the author should be given zero praise for little stunts like this and should be informed that the courts are for “real” issues. He is a typical time waster who i believe to be rather childish.

July 14, 2011 at 03:51

I laughed for about 5 minutes when I read about you today on BBC News. Brilliant!

July 14, 2011 at 06:04

Nick I think you’re missing the point.
The point, as I see it, is that people don’t deserve different rights based upon their religion, or lack of religion. It might be a relatively unimportant right, whether or not you can wear head coverings in a picture, but its a dangerous precedent.

July 14, 2011 at 06:09

This didn’t go to court. The authorities hardly spent any time on it. So don’t worry that I wasted precious time of the Austrian administration.

July 14, 2011 at 06:24

Google translate gave me some hint about this entry. I missed some of the finer points but I agree that it was the utensil in question that made them send you to the doctor. They wouldn’t send a person wearing a beret to check if they’re sane. Which just proves the absurdity of this whole thing and proves your point. You made a great point with this.
I came here to say that His Noodliness is with you and that you do good work for Him. He would say it himself, but he’s hungover.
R’Amen

July 14, 2011 at 06:55

Way to go ! I find what you did very good. I hate to see that some are more equal than others. Everybody should have equal freedom.
thanks ! there should be more out there like you. R’amen (my phone does recognize pastafarianism its all in the autocorrect LOL)

July 14, 2011 at 07:05

Hallo,
ich finde das ist eine sehr gute aktion um mal den Behörden auf den Schlips zu treten. Von den Beamten finde ich das Selbstjustiz und Amtsmissbrauch das man dich zum Amtsarzt schickt.
Daumen hoch

July 14, 2011 at 07:13

Für die Behörde ist nunmal entscheidend was im Gesetz steht und nicht in irgendeiner Broschüre. Für mich stellt sich die Frage ob man diesen Kampf nicht für einen Reisepass ausfechte müsste.
Diese Schlussfolgerung halte ich für falsch: “Wenn jede Kopfbedeckung erlaubt wäre, dann würden sie ja nicht jeden, der eine Kopfbedeckung trägt, zum Amtsarzt schicken.” Denn sie haben dich ja zum Amtsarzt geschickt weil du ein Nudelsieb am Kopf getragen hast, nicht wegen der Kopfbedeckung per se.

dubiator
July 14, 2011 at 08:19

apropos Amtsarzt: Konsequenterweise müssten sie nun jeden, der mit einer religiösen Kopfbedeckung daherkommt, zum Amtsarzt schicken. Du hast den Amtsschimmel in ein wunderbares Dilemma galoppieren lassen. Meinen Glückwunsch und meine Hochachtung!

Caroline McNulty
July 14, 2011 at 09:26

I am sorry I cannot reply in German. This pastafarian religion amuses me and simply proves how silly ‘religious rituals’ are. Very clever move. Do you wear the collander while driving? 😉

July 14, 2011 at 10:06

As one who was touched by his noodly appendage long ago I appreciate what you have done. Although as an Auslander in Vienna I would never try anything this brave.

Spaghetti Monster
July 14, 2011 at 12:30

You absolutely made my day. Ignore (or laugh at) the haters. What you have done is brilliant and satire is an awesome way to fight religion. I look forward to being taught how the spaghetti monster created earth and humans (and sphagetti).

July 14, 2011 at 12:31

I just read about your action in my Dutch newspaper.
A great way to expose the “I am a better person than you are, because I believe in a better god than yours” nonsens!
Nature offers us enough mysteries even without adding another one.
For instance: how the (beep) does my broomstick stay up in the air with me on it? Never mind, at least it doesn’t require a driver’s license. Yet 😉

July 14, 2011 at 12:37

Please excuse my commenting in English, but I suspect your English is much better than my German.
In this article
http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-14135523
the holy pasta strainer is referred to as “confessional headgear”, which confused me as I’m not aware of any need for confession in the CFSM. Is this just an odd translation of “religiösen Kopfbedeckung” or is there another specific technical/legal phrase that they translated?

Nudelaug
July 14, 2011 at 13:27

Wurde mit dieser Aktion nicht gerade das Gegenteil bewiesen, nämlich, dass es gar keine Kirchenprivilegien gibt? Die Spaghettireligion ist ja nicht staatlich anerkannt, und das hat sich durch den Führerschein nicht geändert. Also gelten die gleichen Privilegien ohnehin für alle.

lost control
July 14, 2011 at 14:04

Marina, I suspect “confessional headgear” to be a sloppy translation.
The German word “Konfession” stands for religious denomination, it’s usually used to distinguish between e.g. Roman Catholics and Protestants.

Arno Neijzen
July 14, 2011 at 15:36

Gut gemacht, das was mehr als nur lächeln.
Hoffentlich verstehen die Behörde (und das Publikum…) was du hiermit sagen willst…
Gratuliere!
Well done, it brought more than just a smile.
Hopefully, the authorities (and the public…) will understand your point.
Congratulations!

July 14, 2011 at 18:07

Greetings from the FSM’s magic land of Cascadia. We Pastafarians are VERY proud of you and thank you for all your efforts. If you find yourself in cold weather, please remember to wear your cold-weather religious head-gear like this: http://www.flickr.com/photos/pixysticks/2356176125/
RaMEN! 🙂

Christoph
July 14, 2011 at 23:52

Sehr geehrter Herr Niko(laus) Alm
Ok wir sind im Internet, ich sag einfach Niko
Ich bin durch Zufall auf deinen Kampf für die Gleichberechtigung aller Menschen jedweder Glaubensrichtungen gestoßen und bin begeistert. Nun ist es so dass ich denke dass sich auch hier in Deutschland etwas tun muss und ich will dich nachmachen. Ich hab deinen Blog gelesen, musst aber leider feststellen dass ich keine Hinweise über den Antrag selbst finden konnte. Wäre es möglich mir den über Mail zu schicken, oder wenigstens einige Tipps was es mir einfacher machen könnte.
Mit vielen Grüßen
Christoph Broers

Greta Erhardt
July 15, 2011 at 01:16

As I am a product of U.S. schools, I admit I know very little German. I will, however, give a heartfelt Danke! Luckily, I was not subject to Kansas public schools who waste an incredible amount of time and money voting with each new school board to “teach” a particular religion’s creation myths as science, and then vote it back out. I have, however, also been fortunate enough to find a spiritual community who doesn’t take itself too seriously and we have honored His Noodliness in discussions and even a God Auction. I am heartened to know that it is not only in the U.S. that the “bible thumpers” pretend that law and morality are interchangeable and the pulpit is in place to look down their noses at others. More importantly, that folks like you live (and rebel against such notions) the world over!

Geh Oarg
July 15, 2011 at 11:26

Lieber Niko Alm,
Gratulation zur werbewirksamen Aktion, ich hoffe Sie und das FSM setzen sich nun gegen echte Probleme die durch religiöse Privilegien entstehen ein.
Dabei ist es sicher hilfreich, die Argumentation nicht auf halbwahren Tatsachen aufzubauen, dass würde ja auch der Idee von Bobby Henderson widersprechen, der ja genau deshalb – Unwahrheit als Argument für Gott – gegen die Kreationisten protestiert hat.
Ich hoffe Sie ziehen nicht aus PR-Gründen eine Strategie wie andere Glaubensorganisationen vor, die ihre politischen Gegner mit Lügen bekämpfen wollen – und sich dabei mit “der Zweck heiligt die Mittel” rechtfertigen.
Mit besten Grüßen und Gratulation zum PR-Erfolg! 🙂

July 15, 2011 at 18:01

Na ja, ich halte das Ganze schon für ziemlich Wichtigtuerisch. Erkenntnisgeweinn gleich null, niedriger Humorwert. Eine typische Sommerlochgeschichte halt.

July 15, 2011 at 18:31

I love, love, love it!! Brilliant! So funny I just had to come and leave a comment.
Not all Americans are religious nuts!

July 15, 2011 at 19:16

Brilliant idea. Congratulations!!

Kurt O. Wörl
July 15, 2011 at 19:28

So stellt sich die Ursache allen Seins es vor, wenn unbeirrt vom Lärm der Welt die Pastafaris das als wahr Erkannte auch auf dem Führerscheinbild offen vertreten. Hier meine 2 Cents die Ungläubigen schlagartig die Augen öffnen, denn ich habe die Ursache allen Seins, das FSM fotografiert. Meine anschließende Meditation musste ich mangels Masse aber leider ohne Nudelsieb verrichten: http://www.kow-reflexionen.de/?p=316
Mögen allzeit des FSM Kohlehydrate mit uns sein.
LG Kurt 😉

July 15, 2011 at 20:23

Niko Alm! Geheiligt werde dein Name!!
Ich habe den Seligsprechungsprozess soeben eingeleitet. Gegen Ende der aktuellen Kanne Tee dürfte er abgeschlossen sein.
Auch wird die nächste Nudelsoße nach dir benannt werden.
Ramen,
Schopy

Frank Ziegler
July 16, 2011 at 04:46

Ich kann nicht deutschsprechen, aber mein grossvater im 1870 aus wien nach amerika hat gefahrt.
Pasta uber alles! Viele danke! Frank Z

Tony Roberts
July 16, 2011 at 15:49

Well done. I suppose a pirate hat would have been too much (official head gear of the Church of the Flying Spaghetti Monster is a pirate hat but I admire your flexibility).

July 17, 2011 at 01:06

Greetings from Australia where we are in the middle of a discussion about wearing the burka. Some years ago my son asked me for some wisdom to take to school for “show and tell”. I said tell them “Never join a religion that makes you wear a hat” You will find this works well as a life-rule and it is good that amongst Pastfarians headgear and pirate dress are not compulsory. May the sauce always be with you and lightning never strike your colander.

July 17, 2011 at 06:03

niko du bsit unser held 😀 voi super vor allem weil ich bald meinen führerschein erneuern muss ^^
schöne grüße aus dem sonnigen brisbane !!!

July 18, 2011 at 15:41

Just wanted to express my admiration of your work, it is truly uplifting to see you challenge the laws and push the envelope, thumbs up from Denmark, if you get ur pasta-religion approved, drop me a link i wanna sign up

July 21, 2011 at 22:32

It took courage to do what you did Niko. As an atheist, I am glad I’m not alone in the world, and that there are others that feel the same way I do about organized religion. Secularism and rationality is important for society to promote in this day and age. We live in an era where religions promote their propaganda filled with bigotry, orthodoxy, and stupidity through the media (have you ever seen church channels on TV?!). It is a depressing sight to see people be so guillable and mislead that they give up on their intellect compeltely, and do not allow themselves to question or analyze religious beliefs. Anyways, I know you live in Austria, but if you visit LA let me know! I’d love to show you around town. 🙂
Btw, you are quite dashing.
Prost!
xoxo

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